Ironman Thun – what a day….

Nach 2019 Cervia stand am letzten Sonntag für mich endlich wieder mal ein Ironman auf dem Programm. Lange habe ich mich darauf vorbereitet und viele Trainingsstunden investiert.
Insgesamt waren es seit Anfang 2022, 80 Schwimmkilometer, 3‘600 auf dem Rad mit 28‘000 Höhenmetern und knapp 1‘000 Kilometer laufen. Was etliche Stunden Training entspricht. Ich fühle mich so bereit wie noch nie für diese 226 km. Ich hatte keine Verletzungen, ein paar kurze Krankheitsausfälle, doch dies gehört ein wenig dazu bei diesen Trainingsumfängen. Es war nicht immer einfach, die Arbeit und das Training unter einen Hut zu bringen. Es hat einige Tage gegeben, welche sehr lange waren.
In der Wettkampfwoche habe ich mich früh zurückgezogen von allem, um auch mental frei zu sein für einen langen Tag am Sonntag. Wir hatten ein grosses Betreuerteam vor Ort, dazu zählen meine Eltern, gute Freunde sowie Bekannte, welche mich das fünfte Mal infolge an einem Ironman begleiten. Mich ehrt diese konstante Begleitung sehr, sodass meine Vorfreude auf den Event von Stunde zu Stunde stieg. Am Freitag reisten wir (die grosse Nadine und ich) nach Thun und holten bereits unsere Startnummern ab. Meine Nummer war die 588. Dann hiess es früh ins Bett und gut Essen und Trinken, dies durch den Tag verteilt. Am Samstag wartete die grosse Packaktion. Alles Material ausbreiten und nochmals durchdenken, was in welcher Wechselzone gebraucht und entsprechend gepackt werden soll. Das Ironman Reglement besagt, dass wir während dem Wettkampf nichts von aussen annehmen dürfen. Konkret heisst das für unsere Betreuer, dass sie uns nichts abgeben dürfen, auch dürfen wir keinerlei Hilfe annehmen von aussen nur Athleten dürfen sich gegenseitig helfen. Für mich sind unsere Betreuer immer eine enorme und wichtige und auch mentale Stütze während dem ganzen Wettkampf.
Als wir alles eingepackt hatten, gingen wir zum Check-in. Dort haben wir unsere Lieblingsräder an die richtige Stelle platziert, wie auch unsere Wechselbeutel an die entsprechenden Hacken gehängt. Wir sind alle Wege nochmals abgelaufen, vom Schwimmausstieg, zum Wechselbeutel, dann zum Rad, vom Rad zu den Laufbeuteln, weiter auf die Laufstrecke und zum Schluss haben wir noch den Startbereich angeschaut und uns alles eingeprägt, was wichtig für uns ist.
Dann ging es für einen Powernap zurück ins Hotelzimmer und anschliessend zu meinen Eltern nach Wilderswil zum Essen. Seit Mittwoch war essen und trinken sehr wichtig, wir führten vor allem Kohlenhydrate zu, kein rohes Gemüse mehr, keine Früchte und auch keine Milchprodukte sowie kein Fleisch, um dem Magen/Darm nicht unnötig zu fordern. Pünktlich um 19:30 Uhr waren wir wieder im Hotelzimmer zurück, bereiteten unsere Wettkampfverpflegung vor, stellten unseren Wecker auf 3:30 Uhr am Morgen und legten uns hin. Ich war gesegnet mit einem superguten Schlaf, das heisst ich fiel in ein erholsames Komma und wachte erst auf als der Wecker den Wettkampftag läutete.
Voller Vorfreude sprangen wir aus dem Bett, duschen, Sonnencreme überall einschmieren, Secondskin an alle potenziellen Scheuerstellen einschmieren und dann ab ans Frühstücksbuffet. Glutenfreies Weissbrot mit Honig stand auf dem Speiseplan und natürlich Kaffee. Da wir so früh waren, legten wir uns nochmals hin und bereiteten uns mental vor, bevor wir uns mit unserem Betreuerteam im Hotel trafen. Gemeinsam liefen wir zur Wechselzone und den Startbereich. Zuerst ging es in die Wechselzone, dort füllten wir all unsere Bidons auf und bestückten unser Rad mit der Wettkampfverpflegung. Unsere Räder wurden nochmals aufgepumpt, letzte Checks und dann war es schon bald so weit in den Neopren zu steigen. Leider war meine Monatsblutung genau an diesem Tag sehr stark und ich wusste nicht genau was dies heisst für den Wettkampf. Ich musste also einen kurzen WC-Stopp einlegen und dann ab in den Neo. Dann verabschiedeten wir uns von unseren Betreuern, das ist immer der erste emotionale Moment für mich. Wo die Vorfreude einfach nochmals einen Boost bekommt. Dann standen wir in der Startreihe ein, trafen noch einige Personen, welche wir kannten, bevor dann der Startschuss erklang und alle 5 Sekunden 5 Athleten ins Wasser geschickt wurden. Bald waren wir an der Reihe. Es war wunderschön, die Sonne zeigte sich bald über den Berggipfeln und das Schwimmen war für mich schon fast meditativ. Ich kam super voran und glitt mit einer Leichtigkeit durchs Wasser, wunderbar. Nach 1h 15min kam ich durch den ersten Torbogen. Schlüpfte oben aus dem Neo, klatschte voller Freude meine Betreuer ab und ging weiter in die Wechselzone, wo ich Nadine gross sah auf dem Weg zu ihrem Rad. Wir wünschten uns alles Gute und weiter gings. Neopren ausziehen, Radschuhe anziehen, Helm, Brille, alles einpacken, Wechselbeutel schön aufhängen und ab zu meiner Maschine. Ich fuhr aus der Wechselzone, die Menge tobte, das beflügelte mich. Auf den ersten 40 km nahm ich etwas Pace raus und versuchte in einen Rhythmus zu finden. Ich verpflegte mich alle 20 Minuten mit einem Schluck „Nahrung“, Wasser gabs dazu auch schluckweise. Das Ziel war, dass ich alle 90 Minuten ein Bidon Wasser trank. Mir lief es hervorragend bis auf den Magen, dieser war etwas flau, zusätzlich hatte ich ein unangenehmes Aufstossen. Ich verpflegte mich etwas weniger und bald legten sich die „Probleme“. In Belp sah ich gute Freunde am Streckenrand und das gab mir einen riesigen Schub bis nach Thun. Dort wartete wieder eine tobende Menge auf mich und natürlich all meine Betreuer, welche mich mit ihrem Anfeuern motivierten für die nächsten 90 Kilometer. Leider klemmte sich kurz danach an einem Anstieg, wo es nicht wenige davon gab, rechts eine Rippe ein. Es war ein stechender Schmerz und das Atmen ging nicht mehr so gut. Also nahm ich etwas Tempo raus und versuchte das Beste daraus zu machen. Mein nächstes Etappenziel war wieder Belp, weil da unsere Freunde warteten. Auf dem Weg dahin traf ich zwei Athleten, welche ich kannte. Es gab jeweils einen kurzen Wortwechsel, was hoffentlich beiden von uns etwas Energie gab. In Belp angekommen war ein für mich gesetzter Meilenstein vorüber, jetzt ging es „nur“ noch 60 km zurück in die Wechselzone. Die Schmerzen waren ungünstigerweise immer noch da und ich machte mir langsam Sorgen ums Laufen. Ich versuchte, diese Gedanken auf die Seite zu schieben. An einem Anstieg stand ein Athlet, welchen ich kannte, mit einem technischen Problem am Rad. Ich legte mein Rad in die Wiese und versuchte zu helfen, bevor die Reise dann wieder weiterging. Ich fing damit an, die Kilometer beim Rad runterzuzählen. Es war richtig zäh auf den letzten 50 km, das Atmen ging nicht so gut und durch die wahrscheinlich verkrampfte Stelle der Rippe auf der rechten Seite spürte ich nun auch das linke Knie. Ich hangelte mich von 20min zu 20min, dann gab es immer einen Schluck Ernährung. Da ich nicht so schlecht geschwommen bin, wurde ich beim Radfahren fast nur überholt, was meiner Psyche nicht guttat. Doch irgendwann war auch das egal und ich befand mich kurz vor der Wechselzone, was eine extra Portion Energie freisetzte. Die Einfahrt in die Wechselzone war einmalig, überall feuerten mich Leute an. Etwas unsicher war ich schon, wie das Laufen geht mit dieser Rippenthematik. Ich stieg vom Rad und hängte meine Lieblingsmaschine an den Hacken, ich war einfach unendlich dankbar, dass mein Rad mich über diese 180 km getragen hatte.
In der Wechselzone stellte ich fest, dass ich das OB, welches für den Wechselbeutel fürs Laufen vorgesehen war, fehlte… Man! Vergessen am Morgen und ich wusste, dass ich eines haben musste, sonst gibt es ein Unglück auf der Laufstrecke. Also fragte ich beim Samariterposten, leider ohne Erfolg, doch dann kam eine Helferin und streckte mir ein OB entgegen. Wie super, ein Problem gelöst. Ab auf die Toilette und dann die 42 km unter die Füsse nehmen, das war das Ziel.
Ich hatte mir vom Lauf viel erhofft, in den Trainings hatte ich so gute Koppelläufe hinter mir, dass ich dachte, jetzt geht’s erst richtig los. Doch enttäuschenderweise war das nicht so. Die Rippe war zwar wie aus Zauberhand wieder gut, doch die Beinmuskulatur war absolut am Ende. Jeder Schritt tat weh, ich erinnerte mich kurz zurück, wie das beim letzten Ironman war… Immer gleich. Faszinierend war nur, dass ich das immer wieder vergesse… Jetzt Mitleid mit mir haben bringt niemandem was, also liess ich mich durch die vielen Zurufe der Zuschauer und meinen Supportern aus der Wechselzone raustragen. In mir drin die Hoffnung, dass es besser wird. Ich lief die ersten 20 km ganz locker und für mich eher langsam komplett durch, trank an jedem Verpflegungsposten und kühlte mich runter. Ich hangelte mich von Supporter zu Supporter und ich wusste haargenau, wer, wo stand. Entsprechend freute mich immer unbeschreiblich, wenn ich jemanden sah und ich kurz ein paar Worte wechseln konnte oder auch nur ein Lächeln. Natürlich fragte ich mich immer wieder, wie es Nadine W. so ginge. Laut meinen Berechnungen war sie bald im Ziel, an dem Zeitpunkt, an welchem ich bei km 25 war. Dies bestätigte mir Ines, als ich mal kurz angehalten hatte. Nach der zwei letzten Stadtrunde lagen noch 14 km vor mir. Mir tat jeder Schritt weh und dass ich anfangs 2ter Runde zusätzlich den Boden geküsst hatte, war nicht förderlich.
Diese Eckpunkte haben mich mental bis in Ziel getragen: Zum einen meine Eltern, an ihrem Standpunkt halte ich kurz an um ein paar Schritte gehen, danach freute ich mich auf die Familie Graf mit Lio und Nevin (Gottenbub von Nadine W.). Dort bekam ich einen riesigen Energieboost, den die zwei Jungs sind mit mir mitgelaufen und hatten sooooo Freude mich zu sehen. Ich wusste, dass es ca. 2 Kilometer waren, um sie wieder an einer anderen Stelle zu treffen, was für eine Freude! Dann ging der Weg zurück zu meinen Eltern, sie haben mich auch ein paar Schritte begleitet und mir Energie mitgegeben. Kurz danach war Nadine W. am Streckenrand, ich hielt an und gratulierte ihr, meine Freude über ihre supergute Zeit war riesig. Wir wechselten kurz ein paar Worte. Ich wusste nicht genau, wie ich die verbleibenden 10 km hinter mich bringen sollte. Mein Kopf war nur enorm müde und meine Beine schmerzten noch mehr als je zuvor. Doch ich wusste bei diesem Ambiente und so vielen Zuschauer, welche ich kannte, musste ich diese 10 km einfach fertig laufen. Das sind auf das gesamte Rennen gesehen einen Klacks… also weiter gings. Joggend, wenn man das noch so nennen konnte, bei dieser Geschwindigkeit liess ich Meter um Meter hinter mir. Immer nach dem Motto, jeder Schritt ist einer mehr in Richtung Ziel. Von Verpflegungsposten zu Verpflegungsposten ging es Stück für Stück näher an die Finishline. Jedes Mal, wenn ich anlaufen musste, schmerzten alle Muskeln, allzu lange am Stück laufen konnte ich auch nicht, da auch dort nach einer gewissen Zeit die Schmerzen unerträglich wurden. Ich zählte jeden Kilometer runter, bis es plötzlich nur noch 2 Kilometer waren, dann noch einer und da standen mein Vater, Nadine W., Senta und Andrea am Strassenrand. Sie liefen noch ein Stück mit mir und zogen mich bis ins Ziel. Was für eine Erleichterung und Genugtuung endlich in den Zielkanal abzubiegen, nachdem ich zweimal daran vorbei musste. Es fällt alles von mir ab und die Emotionen haben freien Lauf. Ich klatsche alle ab, feierte dem Zielbogen entgegen und bin unendlich froh angekommen zu sein und dies mehr oder weniger immer mit einem Lächeln im Gesicht.
Eine riesige Dankbarkeit überkommt mich. Dankbar für einen so fitten und vitalen Körper, dankbar dafür, dass mich so viele nahe Freunde und Familie am Tag X begleitet haben, dankbar für alle welche mir positive Energie, aus der Ferne geschickt haben und an mich dachten.
Es war meine fünfte Langdistanz und mein neunter Marathon, was mein Körper und mein Geist zu leisten vermag, ist für mich immer wieder ein Geschenk. Für ein so langes Rennen muss so viel zusammenpassen und ich durfte das fünfmal ins Ziel bringen. Nach dem Ironman Nizza, war mein Ziel immer schneller zu werden auf der Langdistanz, was mir in Frankfurt enorm gelungen ist. Das war bis jetzt mein einziger Ironman knapp unter 12 Stunden und dieser ist bei 35 Crad Lufttemperatur zu stande gekommen. Auch für Thun hatte ich Zeiten, die ich erreichen wollte. Ein grosses Ziel war den Marathon im Ironman mal unter 4 Stunden zu laufen. Doch dies habe ich nach dieser wirklich knackigen Radstrecke nicht geschafft, am Schluss waren es 4h 29 min. Bin ich entäuscht, weil ich meine Ziele nicht erreicht habe? Nein… Ich habe gelernt, dass es im Ironman sehr schwierig ist sich an Zeiten, Watt oder Pace zu orientieren. Viel mehr geht es darum sich gut einzuteilen, gut zu ernähren und aus jeder Situation, auch wenn sie noch so aussichtslos ist für einem das Beste draus zu machen.
Oft werde ich gefragt, warum ich das überhaupt mache. Eine genaue Antwort darauf kann ich nicht geben. Doch was sicher ist, meine Leidenschaft für Triathlon ist riesig. Es sind für mich nicht drei Sportarten, sondern für mich ist es eine Sportart, wo aus drei Sportarten besteht. Im Weiteren geht es mir auch darum, da ich als Sportcoach arbeite, meine Grenzen im Sport zu suchen und Erfahrungen zu sammeln um meine Athleten weiterzubringen und auch mitzufühlen. Ich bin in der Rangliste im hinteren drittel zu finden, was mich schon etwas an meinem Ego gekrazt hat, doch mit ein bisschen Abstand lässt mich auch das eher kalt schliesslich ist die Konkurrenz knallhart in diesem Sport. Und ich mit meinen ca. 10-13 Trainingsstunden pro Woche bin sicher nicht an forderster Front, was die Trainingsumfänge angeht.
Ob ich in Zukunft wieder eine Langdistanz mache, ist eine Frage, welche ich nicht beantworten kann. Sicher ist, dass dies jetzt fürs erste mein Abschluss gewesen ist. Was jedoch nicht heisst, dass ich mit Triathlon aufhöre im Gegenteil. Doch der Aufwand für einen ganzen Ironman ist enorm hoch. Die sozielen Kontakte sind in der Endphase der Vorbereitung nahezu bei Null und der Alltag besteht aus Arbeiten, Trainieren, Essen, Schlafen, viel mehr hat nicht platz. Ziemlich sicher werde ich auf der einen oder Anderen Mitteldistanz anzutreffen sein oder vielleicht sieht es in den nächsten Tagen wieder anders aus und ehe ich mich versehe stehe ich auf der nächsten Startliste eines Ironmans. Doch jetzt folgen für mich erstmals 2-3 Monate wo ich mich nach Lust und Laune bewege, Freunde treffe und das Leben in anderen Bereichen geniesse.
Und zum Schluss folgt das wichtigste. Ich möchte mich ganz herzlich bei allen bedanken, wo mich auf dem Weg zum Ironman begleitet haben. Allen voran Nadine gross wo meine Zweifel an mir selber immer wieder über sich ergehen lassen musst. Meine Famillie und meine Freunde, wo so grosses Verständnis haben für meinen Sport. Jasmine Keller von Skinfit wo immer wieder alles gibt, dass ich gut ausschaue und Kleidung habe wo nirgends scheuert und das bei einem Wettkampf von über 13 Stunden länge. Roman und das ganze Schmid Velosport Team wo alles dran setzt, dass das Rad Top gefittet ist und ich zum fünften Mal in folge keinen Raddeffekt hatte über diese 180 km. Schumachersport wo mir meinen Laufschuh (gr.35 sei dank) aus Amsterdam einfliegen liess und NFT Sport für das hammer Ernährungskonzept. Meine Dankbarkeit für das alles ist kaum in Worte zu fassen. Merci an ALLE und bleibt fit und gesund.
Nadine Z.









